Redu­zie­rung der Führerscheinkosten

Wege zu einer bezahl­ba­ren und zeit­ge­mä­ßen Fahrausbildung

Der Koali­ti­ons­ver­trag für die 21. Legis­la­tur­pe­ri­ode ent­hält das Ziel, die Fahr­aus­bil­dung „unter Wah­rung hoher Stan­dards zu refor­mie­ren, um den Füh­rer­schein­er­werb bezahl­ba­rer zu machen“. Auch die Ver­kehrs­mi­nis­ter­kon­fe­renz hat die­ses Vor­ha­ben im April 2025 begrüßt. Gleich­zei­tig ist der Abbau über­mä­ßi­ger Büro­kra­tie ein erklär­tes Anlie­gen der Bun­des­re­gie­rung, zu dem alle Minis­te­ri­en ihren Bei­trag leis­ten sollen.

Der Fokus soll­te bei der Novel­le der Aus­bil­dungs­ord­nung aber kei­nes­falls nur auf Kos­ten­sen­kung und Büro­kra­tie­ab­bau gelegt wer­den. Ent­schei­dend ist, die Fahr­aus­bil­dung zukunfts­fä­hig zu gestal­ten und an aktu­el­le Anfor­de­run­gen anzu­pas­sen – im Sin­ne einer ech­ten Modernisierung.

Der BDFU unter­stützt die­ses Ziel aus­drück­lich. Wir begrü­ßen daher auch, dass der ers­te Ent­wurf zur Novel­le der Fahr­schü­ler­aus­bil­dungs­ord­nung auf Basis des OFSA-II-Kon­zepts zurück­ge­zo­gen wur­de. Die geplan­ten Ände­run­gen hät­ten in der Pra­xis nicht zur gewünsch­ten Ent­las­tung geführt, son­dern im Gegen­teil sowohl die Büro­kra­tie als auch die Kos­ten wei­ter erhöht. Wir sind über­zeugt: Eine nach­hal­ti­ge Ver­än­de­rung gelingt nicht durch klei­ne Anpas­sun­gen, son­dern durch ein grund­sätz­lich neu­es Den­ken in der Fahr­aus­bil­dung. In die­sem Papier möch­ten wir unse­re Per­spek­ti­ve und kon­kre­te Vor­schlä­ge dazu vorstellen.

1. War­um die Fahr­schü­ler­aus­bil­dungs­ord­nung neu gedacht wer­den sollte

Die bestehen­de Aus­bil­dungs­ord­nung ist in vie­len Berei­chen ver­al­tet und unnö­tig kom­plex. Was wir brau­chen, ist eine Neu­aus­rich­tung hin zu einem kla­ren Kom­pe­tenz­rah­men – wie er bereits in der Fahr­leh­rer­aus­bil­dung besteht. Päd­ago­gik und Metho­dik soll­ten wie­der stär­ker in der Ver­ant­wor­tung der Fahr­leh­re­rin­nen und Fahr­leh­rer lie­gen. Eine Ver­schlan­kung der Vor­ga­ben wür­de nicht nur den Aus­bil­dungs­all­tag ver­ein­fa­chen, son­dern auch zu bes­se­ren Lern­ergeb­nis­sen führen.

2. Fahr­schu­len bie­ten Aus­bil­dung, sie ver­kau­fen kei­ne „Füh­rer­schei­ne“

Fahr­schu­len leis­ten einen wich­ti­gen Bil­dungs­bei­trag und bie­ten mit der Fahr­aus­bil­dung eine anspruchs­vol­le Dienst­leis­tung. Die­se muss ange­mes­sen ver­gü­tet wer­den, um Qua­li­tät zu sichern. Die Preis­ge­stal­tung ori­en­tiert sich dabei an markt­üb­li­chen Stan­dards. Dabei gilt es zu beach­ten, dass Umfang und Ablauf der Aus­bil­dung der­zeit durch vie­le Vor­ga­ben bestimmt wer­den, die wenig Raum für indi­vi­du­el­le Anpas­sung lassen.

3. Was wirk­lich die Kos­ten treibt

Die Haupt­ur­sa­chen für stei­gen­de Aus­bil­dungs­kos­ten lie­gen nicht bei den Fahr­schu­len selbst, son­dern in den gesetz­li­chen und orga­ni­sa­to­ri­schen Rah­men­be­din­gun­gen. Eine wir­kungs­vol­le Kos­ten­be­gren­zung erfor­dert daher struk­tu­rel­le Ände­run­gen – z. B. durch die Ein­füh­rung einer dua­len Aus­bil­dung, moder­ne Unter­richts­for­men und eine rea­lis­ti­sche Ziel­de­fi­ni­ti­on für die Ausbildung.

4. Fle­xi­bler mit Son­der­fahr­ten umgehen

Ein kon­kre­tes Bei­spiel für über­mä­ßi­ge Regu­lie­rung ist die star­re Vor­ga­be von Min­dest­stun­den bei den soge­nann­ten Son­der­fahr­ten. Die­se soll­ten künf­tig stär­ker am indi­vi­du­el­len Lern­fort­schritt ori­en­tiert sein. Ent­schei­dend ist nicht die Anzahl der Fahr­stun­den, son­dern die tat­säch­lich erwor­be­nen Kom­pe­ten­zen. Ein fle­xi­bler, bedarfs­ori­en­tier­ter Ansatz wür­de den Aus­bil­dungs­er­folg erhö­hen und gleich­zei­tig unnö­ti­ge Kos­ten vermeiden.

5. Mehr Fahr­pra­xis für mehr Sicherheit

Stu­di­en zei­gen, dass man­geln­de Fahr­pra­xis ein wesent­li­cher Grund für das erhöh­te Unfall­ri­si­ko von Fahr­an­fän­gern ist. In zahl­rei­chen euro­päi­schen Län­dern kön­nen jun­ge Fah­rer bis zu 3.000 Kilo­me­ter vor der Prü­fung sam­meln – in Deutsch­land sind es deut­lich weni­ger. Eine erwei­ter­te und alters­un­ab­hän­gi­ge Pha­se des beglei­te­ten Fah­rens und eine zwei­te Aus­bil­dungs­pha­se könn­ten hier wir­kungs­voll zur Unfall­ver­mei­dung bei­tra­gen, wie u. a. das Bei­spiel Öster­reich zeigt.

6. Dua­le Aus­bil­dung: Fami­li­en als Lernpartner

Ergän­zend zur klas­si­schen Aus­bil­dung kön­nen ver­trau­te Per­so­nen – Eltern, Geschwis­ter oder sons­ti­ge nahe Bezugs­per­so­nen – in den Lern­pro­zess ein­be­zo­gen wer­den. In ande­ren Län­dern ist dies längst eta­bliert. In Ver­bin­dung mit pro­fes­sio­nel­ler Beglei­tung und regel­mä­ßi­gen Feed­back­fahr­ten durch die Fahr­schu­le kann so ein wert­vol­ler Bei­trag zur Fahr­pra­xis und Kos­ten­re­duk­ti­on geleis­tet werden.

7. Ver­ant­wor­tung fürs Ler­nen liegt nicht allein bei den Fahrschulen

Eine erfolg­rei­che Fahr­aus­bil­dung erfor­dert Eigen­in­itia­ti­ve. Moder­ne Lern­for­ma­te wie digi­ta­le Platt­for­men, Online-Unter­richt und Fahr­si­mu­la­to­ren bie­ten wert­vol­le Unter­stüt­zung. Ziel ist es, jun­ge Men­schen zu befä­hi­gen, ihr Ler­nen selbst­ver­ant­wort­lich zu gestal­ten. Fahr­schu­len kön­nen dabei wich­ti­ge Impul­se geben, das Ler­nen selbst jedoch muss indi­vi­du­ell stattfinden.

8. Steu­er­li­che und ver­wal­tungs­tech­ni­sche Entlastungen

Eine steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung der Aus­bil­dungs­kos­ten im Rah­men der Lohn-/Ein­kom­mens­steu­er wäre eine geziel­te, wirk­sa­me Ent­las­tung für Fami­li­en. Die gene­rel­le Umsatz­steu­er­be­frei­ung für die Fahr­aus­bil­dung hin­ge­gen ist aus recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Grün­den nicht sinn­voll – weil die Erfah­rung zeigt, dass der Kos­ten­vor­teil nicht bei den Kun­den ankommt und der Weg­fall des Vor­steu­er­ab­zugs zudem zu finan­zi­el­len Nach­tei­len für Fahr­schu­len füh­ren würde.

9. Theo­rie- und Pra­xis­prü­fung modernisieren

Die Theo­rie­prü­fung soll­te sich stär­ker an der Rea­li­tät des Stra­ßen­ver­kehrs ori­en­tie­ren. Pra­xis­re­le­van­te The­men wie Gefah­re­n­er­ken­nung (Hazard Per­cep­ti­on) kom­men bis­lang kaum vor. Gleich­zei­tig sor­gen lan­ge War­te­zei­ten bei der prak­ti­schen Prü­fung für erheb­li­che Zusatz­kos­ten. Eine Rück­kehr zur frü­he­ren Prü­fungs­dau­er von 45 Minu­ten könn­te Abhil­fe schaf­fen – eben­so wie die Öff­nung des Prü­fungs­mark­tes für meh­re­re Anbie­ter, um Effi­zi­enz und Kun­den­ori­en­tie­rung zu verbessern.

10. Chan­cen für ech­te Refor­men nutzen

Die anste­hen­den Ver­än­de­run­gen bie­ten die ein­ma­li­ge Chan­ce, die Fahr­aus­bil­dung grund­le­gend wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Dabei gilt es, wirt­schaft­li­che und bil­dungs­po­li­ti­sche Inter­es­sen in Ein­klang zu brin­gen und kon­struk­tiv zusam­men­zu­ar­bei­ten. Eine moder­ne Fahr­aus­bil­dung ist nicht nur ein ver­kehrs­po­li­ti­sches, son­dern auch ein sozi­al­po­li­ti­sches Anlie­gen – ins­be­son­de­re für jun­ge Men­schen und ihre Familien.

Fazit

Unser Ziel ist es, die Fahr­aus­bil­dung in Deutsch­land grund­le­gend wei­ter­zu­den­ken – mit dem Fokus auf mehr Qua­li­tät, mehr Fle­xi­bi­li­tät und fai­ren Kos­ten. Dabei plä­die­ren wir für eine Abkehr von über­mä­ßi­ger Regu­lie­rung hin zu einem kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Ansatz, für mehr Fahr­pra­xis und zeit­ge­mä­ße Prü­fungs­for­ma­te sowie für geziel­te steu­er­li­che Entlastungen.

Hier ein Link zu einem Inter­view, das Nils Har­tig mit unse­rem BDFU-Vor­stands­mit­glied Rolf Daut­el-Hauß­mann zum The­ma geführt hat, in dem Rolf unse­re Posi­tio­nen aus­führ­lich erläu­tert.  https://www.youtube.com/watch?v=pypY_0SFrzw

Bild­quel­le: Tobi­as Koch